FABELhaft Schenken Teil 2

FABELhaft Schenken –

Die etwas andere Weihnachtsgeschichte in vier Teilen

 

Teil 2


Als ich morgens aufwachte, war ich mir nicht sicher, ob es sich bei dem nächtlichen Ereignis nicht um einen wahnwitzigen Traum gehandelt hatte. Zumindest stellte sich nach intensiven Recherchen im Internet heraus, dass Palmöl tatsächlich ein ökologisch äußerst fragwürdiges Produkt war und mein schlechtes Gewissen meldete sich. Ich entschloss mich das Set wieder zurückzubringen. Jetzt ging allerdings die ganze Sucherei von vorne los. Mit welcher Kleinigkeit konnte ich meiner Mutter eine Freude bereiten und dabei weder Elfen noch Umwelt unglücklich machen?

Mir fiel das Teeregal des großen Supermarktes ums Eck ins Auge. Der Bio-Tee einer sehr bekannten Teemarke schien mir eine gute Idee. Er roch gut und Bio hieß doch, dass er umweltverträglich angebaut wurde. Ich schüttelte die Packung vorsichtshalber, doch es kamen keine Stimmen aus dem Inneren. Zufrieden mit meiner Beute zog ich davon und war sicher diese Nacht besser zu schlafen.

Spät zuhause angekommen wollte ich das leidige Thema Geschenke endlich erledigt wissen und entschloss mich den Tee sogleich zu verpacken. Beim Entfernen des Preisetiketts traten dann aber Schwierigkeiten auf. Zuerst war es nur ein kalter Luftzug, der mich frösteln ließ. Als ich nachsehen wollte, woher er kam, schwebte über mir eine geisterhafte Gestalt. Ich erschrak fürchterlich. Ob ich wohl zu sehr an der Teepackung gerubbelt hatte?

So siegte wieder die Neugier und ich fragte das Wesen, wer es war und woher es kam. Allerdings bekam ich keine Antwort – der Geist hatte wohl seine Stimme verloren. Ich stellte im Kugelschreiber und Papier zur Verfügung, in der Hoffnung, dass er schreiben konnte. Schließlich sah er nach einem recht pfiffigen Kerlchen aus. Und tatsächlich begann er das Papier vollzukritzeln. Ich fand heraus, dass es sich um Fair-Treter handelte, der sich in meinen Tee geschlichen hatte, um auf die schlimmen Arbeitsumstände der Arbeiter und Arbeiterinnen auf der Teeplantage aufmerksam zu machen, die keine eigene Stimme hatten.

„Aber mein Tee ist doch Bio!“, entfuhr mir. Da schrieb mir der Geist, dass es verschiedene Arten von Bio gab und es außerdem gar nichts über die Bezahlung der Arbeiter und Arbeiterinnen aussagen würde. Ich versprach ihm keinen Tee mehr ohne Fairtrade-Siegel zu kaufen oder zu verschenken und durfte daraufhin endlich ins Bett gehen. Langsam wurde mir die Ansammlung an seltsamen Begebenheiten  zu viel, doch ich schob es auf einen seltsamen Zufall und hielt es weiterhin für recht lebendige Träumereien.

Am Morgen danach stellte sich aber auch diesmal bei der Internetrecherche heraus, dass es sich tatsächlich um die Wahrheit handelte. Und wiederum kam ich nicht herum, mich zu fragen, ob ich denn ein Produkt, das mir Bauchweh bereitete meiner geliebten Mutter schenken sollte?  Ich entschloss mich nochmals, aber diesmal sorgfältiger vorbereitet, auf die Suche zu machen. Diesmal war ich mir sicher alles richtig zu machen.

Ich hatte mich entschieden, meiner Mutter einen hübschen Pullover zu besorgen. Aber nicht irgendeinen. Er war aus Baumwolle, die wiederum aus kontrolliert ökologischem Anbau stammte. Und er wurde auch nicht in der Weiterverarbeitung chemisch behandelt – also keine Gefahr für Mensch und Natur. Außerdem wurden die Arbeiter und Arbeiterinnen von dem Herstellerunternehmen fair entlohnt. Dafür stand das Fairtrade-Siegel. Ich war stolz auf mich. Es hatte zwar einiges an Mühe und Nerven gekostet, doch es schien das perfekte Geschenk zu sein. Meinte ich….

Teil 1